Liebe/r
schau mal, was für ein Buch ich entdeckt habe!
Schöne Grüße
Autor: Bayerisches Amt für Denkmalpflege Verlag: Karl M. Lipp Verlag - Edition Lipp ISBN: 3874908445 () Erscheinung: 1990 Seiten: 608 |
Arbeitsheft Nr. 49 - Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Vorwort
Am 22. Oktober 1990 wurde die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen nach einer langen Restaurierung aus der Obhut der Sachverständigen an die Gläubigen und Kunstfreunde zurückgegeben. Der Zugang zur heiligen Stätte war in der langen Bauzeit für die Wallfahrer nie unterbunden. Selbst große Jubiläen und festliche Gottesdienste zu besonderen Anlässen konnte die Kirche von Bamberg traditionsgemäß in der Basilika feiern. Trotzdem waren die Behinderungen, die mit dem Ablauf und der Durchführung einer langwährenden und schwierigen Baumaßnahme zwangsläufig verbunden sind, ständig vorhanden und oft auch lästig. Umsomehr freuen wir uns, daß diese Zeit nun vorüber ist.
Mit einem feierlichen Pontifikalamt konnte in Anwesenheit hoher Vertreter aus Kirche, Staat und Gesellschaft sowie einer großen Zahl von Gläubigen der Abschluß der seit dem Bestehen des Gottehauses langwierigsten und auch kostspieligsten Restaurierung begangen werden. Rückblickend auf die sich über drei Jahrzehnte (von 1742 bis 1772) hinziehende Bauzeit sowie auf die Zeit der Restaurierung von den ersten Vorüberlegungen im Jahre 1979 bis zum eigentlichen Beginn der Erneuerungsarbeiten im Jahr 1983 und deren Abschluß in diesen Tagen waren es jeweils recht lange Zeitspannen, die für dieses Gotteshaus aufgewandt werden mußten. Doch damals wie heute stand am Ende nicht nur ein vollendetes Kunstwerk, sondern vor allem auch ein würdiges Gotteshaus. Ohne ein «neues Vierzehnheiligen unserer Zeit» durch die Restaurierung schaffen zu wollen, durfte das alte ursprüngliche mit den mannigfaltigen und vielschichtigen Narben seiner 200jährigen Geschichte gezeichnete Gotteshaus neu erstehen. Dies ist das Besondere der glücklich gelungenen und künstlerischen Restaurierung.
Die Restaurierung war von Beginn an wegen der besonderen architektonischen wie künstlerischen Einzigartigkeit des Bauwerkes, aber auch der spezifischen Heiligkeit der Wallfahrtskirche für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung. Zu Recht wird diesem wohlgelungenen Werk jetzt ein hohes Prädikat für die vorzügliche Erneuerung zuerkannt. Die Basilika Vierzehnheiligen hat deshalb für die Zukunft beispielhaften Charakter für die Restaurierung kirchlicher Räume.
Durch die lichtvolle Gestaltung hat aber nicht nur das Kunstwerk Vierzehnheiligen, sondern vor allem die Wallfahrtskirche zu den Vierzehn Nothelfern neue Strahlkraft bekommen. Von der ersten Kapelle, die bald nach den Erscheinungen von 1445 errichtet worden war, bis zum Bau der heutigen Kirche durch Balthasar Neumann war es immer der Kultplatz der Vierzehn Nothelfer, den es zu schützen und zu schmücken galt.
Am 14. und 15. September 1772 war die fertiggestellte neue Wallfahrtskirche von Vierzehnheiligen durch den Bamberger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim zusammen mit den Weihbischöfen Daniel von Gebsattel von Würzburg und Friedrich Nitschke von Bamberg feierlich konsekriert worden. Trotz mancherlei schlimmer Ereignisse und folgenreicher Eingriffe - vom Brand von 1835 bis zu den verschiedenen Restaurierungen des vorigen und unseres Jahrhunderts - hatte das Gotteshaus nie seinen Weihestatus verloren. Und so ist es auch bis heute geblieben. Zu Ehren der in den Himmel aufgenommenen Gottesmutter Maria war diese Kirche vor über 200 Jahren geweiht worden und jn der hier verankerten Ver-
ehrung der Vierzehn Nothelfer hatte sie ihre besondere Bestimmung erfahren.
Zentraler Ort ist der von Michael Küchel entworfene Gnadenaltar, der über der Erscheinungsstätte errichtet worden ist. Einer kleinen lichten Kapelle gleich wölbt sich der Aufbau in der Mitte des Gottehauses über den heiligen Platz. Die Stuckfiguren der Vierzehn Nothelfer sind übereinander angeordnet. Ganz oben steht das Jesuskind im Strahlenkranz. So wurde das Erscheinungswunder von 1445 hier beispielhaft gestaltet.
Liturgischer Hauptort und Höhepunkt der Basilika aber ist der Hochaltar im Chor. In seinem Aufzug ist eine plastische Gruppe der Heiligsten Dreifaltigkeit angebracht. Neben Gott Vater sitzt Christus mit einem goldgefaßten Kreuz. Vom vergoldeten Kind des Gnadenaltars scheint sich ein Lichtbogen zum goldenen Kreuz der Dreifaltigkeitsgruppe in einer Christusachse zu entfalten. Die Vierzehn Nothelfer, Fürsprecher bei Christus für die Anliegen und Kümmernisse der Wallfahrer, sind als Heilige aber auch Zeugen für die von Christus verkündete Botschaft an die Menschen. Das Gebet der gläubigen Wallfahrer um die himmlische Fürsprache der Heiligen am Gnadenaltar findet in der glorreichen Verherrlichung der Heiligen Dreifaltigkeit am Hochaltar seine Vollendung.
Auf eine andere geistige Linie sei hier noch verwiesen, die der Vierzehnheiligenbasilka eigentümlich ist. Vom Haupteingang kommend trifft der Blick des Besuchers auf den Volutenaufbau des Gnadenaltars. Weit vorne im Chor wird dabei der große Tabernakel sichtbar. Vom Ort der Fürbitte zu den Heiligen wird, so scheint es, die geistige Brücke geschlagen zum Ort der Verehrung des eucharistischen Christus im Tabernakel. Vollkommener ist die Anbetung Gottes und Verehrung der Heiligen nicht mehr darzustellen.
Der Wallfahrtsort Vierzehnheiligen hat gerade in dieser Begegnung der Menschen mit Gott und seinen Heiligen schon durch die Erscheinungen vor rund 550 Jahren seine tiefe Begründung gefunden und bis heute erhalten. Die glanzvoll erneuerte Basilika ist dafür augenfälliges Zeugnis. Besonders eindrucksvoll wird auch dies durch das Himmelsgewölbe, das von Giuseppe Appiani um 1765 gemalt worden war und das jetzt nach einer leidvollen Geschichte in fast ursprünglicher Schönheit - ein besonderer Erfolg der Restaurierung - wiedererstanden ist. Hier ist mit der glorreichen Dreifaltigkeit, der Gottesmutter Maria, den Vierzehn Nothelfern, aber auch den Bamberger Bistumspatronen Heinrich und Kunigunde die große Theologie des Gotteshauses und Wallfahrtsortes Vierzehnheiligen zusammengefaßt. Die Acht Seligkeiten, benannt nach Aussagen der Bergpredigt, sind neu erstanden in den Kartuschen über den tragenden Säulen des Mittelteiles der Kirche. Sie scheinen die zum Himmel emporsteigenden Gebete der Gläubigen und die Fürbitte der Heiligen zu vereinen zur Ehre Gottes und seiner Heiligen im Himmel, aber auch zum Wohl und Heil der Menschen auf ihrer Pilgerschaft des Lebens. Und für diese Pilgerschaften auf Erden, deren Ziel die himmlische Seligkeit sein soll, war und ist der Gnadenort Vierzehnheiligen über die Jahrhunderte ein eindringliches Zeichen und Symbol.
Dr. Elmar Maria Kredel Erzbischof von Bamberg
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