Autor | Fuchs Ludwig F. |
Verlag | Eduard Pohls Verlag |
Seiten | 110 |
Suchbegriff | Friedhof, Waldfriedhof |
Buchart | Broschüre |
ISBN | 0000000223 |
Erschienen | 1914 |
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Die Grabsteine des Münchener Waldfriedhofes.
In einer Betrachtung über den Cimiterio Monumentale in Mailand, der als schönster Friedhof Italiens gilt, las ich den Satz: „Man kriegt aufrichtig Sehnsucht nach dem Münchener Waldfriedhof."
Wenn auch unsere deutschen Friedhöfe nicht jene marmorenen Abgeschmacktheiten und Uebcrtreibungen zeigen wie der italienische Campo santo, so herrscht doch auf vielen von ihnen eine betrübende Oede, die ganz jene Stimmung vermissen läßt, welche man an solchen Orten sucht und bei einem deutschen Friedhof geradezu voraussetzt.
Es ist nicht an dem, daß künstlerisch-formale Gesichtspunkte und Normen die notwendige Voraussetzung wären für die Weihe, welche über unserer letzten Heimat lagert. Die Kunst soll hier nur zu Gevatter stehen: die Erzeuger sind das gesunde Gefühl für das Angemessene und Geschmackvolle, die Sitte als Ausfluß von Volkstum und Religion und wahre Herzensbildung, die den Grabschmuck nicht nach seinem, materiellen Wert beurteilt, sondern nach dem guten Willen, der sich darin kundtut. Sie sind es, welche dem Friedhof sein Gepräge geben und jene Gottesäcker hervorgebracht haben, welche in ihrer sinnigen Schlichtheit als Ausdruck gelten können eines tiefen, echten Volksgemütes.
Die künstlerische Vollendung der einzelnen Grabsteine wird daher erst in zweiter Linie maßgebend sein für die Schönheit eines Friedhoics. Und jener altbayerische Kirchhof, auf dem sich die zierlichen, bunten Eisenkreuze um das nette, saubere Barockkirchlein scharen, oder der schlichte Platz auf dem Abhänge eines Odenwaldbcrges, wo sich Holzkreuz an Holzkreuz drängt, oder auch der uralte Judenfriedhof mit seinen zahllosen, von dekorativen, hebräischen Charakteren bedeckten Steinplatten, sie alle sprechen nicht weniger zu unserem Gemüte, als der Nürnberger oder Leipziger Johannisfriedhof mit all ihrer künstlerischen Pracht.