Natürlich stimmen die Klischees, die man sich über Bayern erzählt. Und Ludwig Ganghofer hat völlig recht, wenn er einem 1142 verstorbenen Propst von Berchtesgaden den Satz in den Mund legt: „Herr, wen Du lieb hast, den lässest du fallen in dieses Land“. Trotzdem ist der Ausspruch „Mia san mia“ schon immer ein ausgemachter Schmarrn. Denn in Wirklichkeit weiß niemand, wer die Bayern tatsächlich sind und woher sie kommen. Aus Bayern jedenfalls nicht. Selbst die Muttergottes, seit 1916 offizielle Patronin des Landes, ist eine „Zuagroaste“, nämlich eine Hausfrau aus Galiläa. Dass Bayern sehr viel bunter und widersprüchlicher ist, als man gemeinhin denkt, und dass das Land in der Mitte Europas seine Identität seit Jahrhunderten daraus schöpft, dass es Menschen, Kulturtechniken und Kulturtraditionen aus anderen Weltgegenden höchst erfolgreich integriert und vereinnahmt – das erzählt Klaus Reichold auf ebenso amüsante wie kenntnisreiche Weise. …
Reichold M.A., gebürtiger Münchner, ist Kulturhistoriker, Mitbegründer der Histonauten und Programmleiter der Akademie für Kulturgeschichte “bavaricum@histonauten”. Er hat kulturhistorische Dokumentationen für das “Bayerische Fernsehen” gedreht, Hörfunk-Features geschrieben und bei Verlagen wie “Hoffmann und Campe”, “Prestel” und “Pustet” publiziert.
Immer wieder beschäftigt er sich mit der Geschichte der Wittelsbacher und insbesondere mit König Ludwig II. Seine Publikation “Keinen Kuß mehr! Reinheit! Königtum!” gilt als Standardwerk.