03.07.2022 | Brandl Martin
Der überaus stattliche Band vereint in 33 Einzelbeiträgen ein weitgefächertes Spektrum diverser Themen aus Archäologie, Kunst- und Lokalgeschichte, aber auch Porträts von alteingesessenen Firmen, Vereinen und Menschen, die das Staffelsteiner Kulturleben prägen. Naturkundliche Betrachtungen fehlen ebenso wenig wie Berichte über jüngst zurückliegende Ausstellungen, Feste und Konzerte, an deren Organisation die „KIS“ maßgeblich beteiligt war.
Nach den Bänden 1 und 2 (erschienen 2011 und 2017) greift die anzuzeigende Publikation über das Stadtgebiet Bad Staffelsteins hinaus und bezieht den Obermain mit ein. Damit sind im vorliegenden Fall vor allem die Nachbargemeinden Ebensfeld, aber auch Oberleiterbach (Markus Drossel: „Wiege und Bahre des Einsiedelmanns: Oberleiterbach“) und Wallersberg (Hermann H. Hacker: „Johannes Lukasch, Insektenkundler aus Wallersberg im Nördlichen Frankenjura“) als Ausgangspunkt biographischer Notizen an den ansonsten sich eindeutig mit Staffelsteiner Schwerpunkt auszeichnenden Band angebunden.
Aus der Fülle an unterschiedlichsten Aufsätzen seien – ohne Zurücksetzung der hier nicht Genannten – weiter herausgegriffen „ ‚Macht hoch die Tür, die Tor macht weit‘ – die Ausgrabung eines Zangentores des Oppidums auf dem Staffelberg“ von Markus Schussmann sowie „Der Dornigrücken und seine Befestigungsanlagen“ von Bernhard Christoph. Die beiden Beiträge widmen sich den bekannten und, im Fall des Dornigrückens, weniger bekannten archäologischen Denkmälern, deren Erforschung in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht hat. Der besonderen Geschichte eines Ortsteils des Marktes Ebensfeld widmen sich Alfons Zenk („Ein Gutshof im Wandel. 900 Jahre Kutzenberg“) und Anton Köcheler („Das Versammlungsgebäude auf Kutzenberg. Eine kunsthistorische Betrachtung zur Jugendstilarchitektur“), der die Gestalt des heutigen Bezirksklinikums beleuchtet, das angesichts großer anstehender Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen vor der größten Veränderung der vergangenen Jahrzehnte steht.
Hermann H. Hacker („Die Maintal Flachsröste GmbH“) sowie Hubert Kolling und Armin Lieb („Weißes Gold. Modelleure, Figurengießer und Porzellanmaler der ‚Kaiser Porzellanmanufaktur Staffelstein‘ “) erinnern an zwei ganz wesentliche regionale Betriebe, von denen ersterer aus dem heutigen Bewusstsein völlig verschwunden sein dürfte. Hingegen schafften es die Produkte des letzteren bis ins Oval Office des Weißen Hauses in Washington und in die Downing Street 10 in London.
Wolfgang Vogl liefert eine anspruchsvolle theologische Analyse der Fresken Melchior Steidls in der Banzer Klosterkirche, die von Kunsthistorikern, nicht zu Unrecht, vorrangig aufgrund ihrer kurvierten Architektur mit böhmischen und italienischen Bezügen als Hauptwerk Johann Dientzenhofers angesprochen wird. Vogl lenkt den Blick auf das buntfarbige Bildprogramm des Tiroler Freskanten Steidl und stellt diese in den Zusammenhang mit den mystischen Schriften des Kirchenpatrons Dionysus.
Nachdenklich stimmt schließlich der Bildbeitrag „Entlang der Landstraße. Fotografische Notizen an der Staatsstraße 2197 zwischen Bad Staffelstein und Ebensfeld“ von Michael Bäumler, der die oft kleine, unscheinbare aber doch zauberhafte Welt der Fauna und Flora am Wegesrand festhält. Er belegt damit, wieviel biologische Vielfalt trotz des andauernden Strukturwandels, der vor allem durch feldergroße Hallenbauten und damit einhergehende Oberflächenversiegelung unrühmlich in Erscheinung tritt, sich (noch) halten kann. Sein wehmütiger Schluss, dass der sogenannte „Gottesgarten“ nach und nach zum „Gärtla“ schrumpfe, ist in diesem Zusammenhang leider nur allzu wahr.
Alles in allem nötigt die schon angesprochene Vielfalt an verschiedensten Themen Respekt ab. Die Herausgeber bilden mit nachgerade universellem Ansatz die Kulturgeschichte eines einzigartigen Raums in seinen verschiedenen Facetten ab, ohne abgrenzendem Spezialistentum zu erliegen. Das dürfte die Hauptstärke dieses Bandes sein, dessen Lektüre allen Heimat- und Kulturinteressierten auch jenseits der Grenzen Bad Staffelsteins und des Obermaingebiets ans Herz gelegt sei.
Diese Buchbesprechung hat uns freundlicherweise vom Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e.V. „Schönere Heimat“ zur Verfügung gestellt.