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Auf der Grundlage reichen Archivmaterials bietet der Autor erstmals eine Gesamtdarstellung der bayerischen Strafrechtsgeschichte. Das durch zahlreiche spannende Fallbeispiele („Kriminalfälle“) aufgelockerte und daher gut zu lesende Werk ist gleichzeitig ein Kompendium der bayerischen Geschichte: Seit der Zeit des Stammherzogtums ist die Strafgewalt auch in Bayern ein politisches Instrument der Herrschenden, wie beispielsweise der „kurze Prozess“ gegen Agnes Bernauer im 15. Jahrhundert, die Hexenprozesse des 16./17. Jahrhunderts oder die Verurteilung der „Haberfeldtreiber“ im 19. Jahrhundert zeigen. Bei der Behandlung der sich im Lauf der Zeit schnell wandelnden Strafverfahren und Strafen kommt der Verfasser zu überraschend neuen Einsichten, die etwa unser Bild vom „grausamen Mittelalter“ in Frage stellen. Einen wichtigen Stellenwert in diesem Buch nehmen auch die zahlreichen Abbildungen ein, die nicht nur zur bloßen Illustration dienen, sondern als eigenständige! Quellen interpretiert werden. -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Dr. phil. habil. Reinhard Heydenreuter, geb. 1942, Jurist und Historiker, ist Archivdirektor am Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Leiter des Archivs der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Dozent für Neuere und Bayerische Geschichte an der Katholischen Universität Eichstätt. -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
EINLEITUNG
KAPITEL I: MITTELALTERLICHES STRAFRECHT
Vom Stammesrecht zum Ewigen Landfrieden
- Stammesrechte
Der Kriminalfall: Tassilos Ende 787/88
- Landfrieden
- Landrechte, Weistümer und Rechtsbücher
a. Landrechte
b. Weistümer und dörfliche Rechtsquellen
Beispiel: Das Weistum der Grafschaft Werdenfels
c. Rechtsbücher
- Stadtrechte
- Strafverfahren
- Hoch - und Niedergerichtsbarkeit
- Kaiser und Landesherren als oberste Gerichtsherren
Der Kriminalfall: Die Hinrichtung der Herzogin Maria von Brabant 1256
Der Kriminalfall: Die Hinrichtung der Baderstochter Agnes Bernauer 1435
- Kaiserliche Landgerichte
- Bayern und die westfälischen Vemegerichte
Der Kriminalfall: Die Verfemung Herzog Heinrichs von Bayern-Landshut
- Das römische Recht und die deutsche Strafrechtsentwicklung im Mittelalter
Der Kriminalfall: Ein adeliger Steueraufstand in Niederbayern und die späte Rache der bayerischen Herzöge
- Der ewige Landfrieden 1495 und das Ende der Fehde
KAPITEL II: STRAFGESETZGEBUNG IN DER FRÜHEN NEUZEIT
Herrschen durch Strafen
- Die Strafgesetzgebung des Reiches und der modernen Territorialstaaten
- Die Bamberger Halsgerichtsordnung 1507 und die Carolina 1532
- Gesetzgebung im Herzogtum Bayern im 16. Jahrhundert
- Strafgesetzgebung im Hochstift Augsburg im 16. Jahrhundert
- Strafgesetzgebung im Herzogtum und Kurfürstentum Bayern im 17. Jahrhundert
- Kriminalität und Gesetzgebung in der Zeit der Aufklärung
a. Kreittmayrs Strafgesetzbuch von 1751
b. Das Bamberger Strafgesetzbuch von 1795
KAPITEL III: WAS WAR FRÜHER ALLES STRAFBAR?
Zur Geschichte der Straftatbestände
- Mord und Totschlag
a. Vom Sühnevertrag zur obligatorischen Strafverfolgung - Wallfahrten und Steinkreuze
b. Das Geleitverfahren (Inzichtverfahren) für geflüchtete Totschläger und die Entstehung der
öffentlichen Anklage
c. Die Erteilung der Landshuld bei Totschlägern
d. Edelleute als Totschläger: Von der Fehde zum Duell
- Abtreibung und Kindstötung
- Körperverletzung
- Raub, Diebstahl und Eigentumsdelikte
a. Diebstahl
b. Straßenraub - Bandenkriminalität
Der Kriminalfall: Der bayerische Hiasl
c. Fisch- und Perlmuscheldiebstahl
d. Beamtenunterschlagungen, Veruntreuung
- Wilderei
Der Kriminalfall: Der Spessartwilderer Hasenstab
- Sittlichkeitsdelikte
a. Ehebruch und Bigamie
b. Der Ehebruch und das kurbayerische Mandat vom 20. September 1635
c. Strafpraxis beim Ehebruch seit dem 16. Jahrhundert
d. Ehebruch und Niedergerichtsbarkeit
e. Leichtfertigkeit
f. Die Leichtfertigkeit und das kurbayerische Mandat vom 20. September 1635
g. Blutschande
h. Konkubinat
i. Sodomie
- Gotteslästerung
- Wiedertäufer
- Zauberei, Hexerei und Aberglaube
a. Das bayerische Aberglaubenmandat von 1611/12 - das umfangreichste Hexereigesetz in Europa
b. Die Verfolgungspraxis im Herzogtum Bayern bis 1611
Der Kriminalfall: Der Schongauer Hexenprozeß 1589/90
Der Kriminalfall: Raub und Hexerei in über 500 Fällen
Der Kriminalfall: Der erste Wemdinger Hexenprozeß 1609—1613 und die Hinrichtung des
Wemdinger Richters Gottfried Sattler
c. 1628-1632: Neue Verfolgungswellen: PfalzNeuburg, Eichstätt, Öttingen, Wemding, Bamberg,
Würzburg
d. Hexenprozesse im süddeutschen Raum nach dem Abzug der Schweden 125
Der Kriminalfall: Die Hexe von Mitterfels 1724
- Aufruhr, Landfriedensbruch, gartende Knechte und Bettler
a. Aufruhr der Untertanen
Der Kriminalfall: Tod eines oberpfälzischen Beamten
b. „Rumorhandel" (Raufhändel), Landfriedensbruch
c. Gartende Knechte und „starke Bettler"
- Selbstmord
- Ausgewählte sonstige Delikte
a. Übertretung der Fastengebote
b. Das Regiment der Freudlosigkeit: Spiel-, Tanz- und Versammlungsverbote
c. Verstoß gegen Seuchengesetze
d. Wirtschaftsstrafrecht, Fürkaufverbote
e. Volltrinken und Zutrinken
f. Steuer- und Abgabenbetrug, Schmuggel
KAPITEL IV: WEM WURDE WIE DER PROZESS GEMACHT?
Das Malefizverfahren im Herzogtum und Kurfürstentum Bayern 1500-1800
- Der Wechsel vom Akkusationsprozeß zum Inquisitionsprozeß
- Fahndung und Auslieferung
- Verhaftung
- Verfahrenshindernisse
a. Adelsprivilegien
b. Minderjährigkeit
c. Unzurechnungsfähigkeit
d. Verfolgungsverjährung
e. Exemtion der Geistliche
- Asyl und Freiung
Der Kriminalfall: Mißachtung des bischöflichen Asyls in Regensburg
Der Kriminalfall: Die Freiung Hohenberg an der Eger
Der Kriminalfall: Das Asylrecht des Domkapitels Freising
- Verhör
a. Das gütliche Verhör
b. Die Tortur
c. Wer führte die Tortur durch?
d. Torturgrade
Maßstäbe für die Durchführung der Tortur
e. Torturarten: Aufziehen und Daumenschrauben
f. Die Tortur mit den Beinschrauben („spanische Stiefel")
g. Die Tortur durch Rutenzüchtigung („das Aushauen")
h. Die Tortur mit dem „Bock"
i. Die Dauer der Tortur
k. Die Aussagen; Bestätigung und Widerruf des Geständnisses
l. Tortur und Hexenprozesse
m. Weitere Entwicklung der Torturanwendung im Kurfürstentum Bayern
- Beweismittel
a. Der Tatbeweis durch Zeugen
b. Der Reinigungseid
- Urteilsfindung
a. Gutachtertätigkeit der Universitäten
b. Mitwirkung von Beisitzern
c. Der Hinrichtungsbefehl
- Neue Entwicklungen: Das Geständnis wird entbehrlich - die Verdachtsstrafe
- Interzessionen
- Rechtsbeistand und geistlicher Beistand
- Der endliche Rechtstag
Der Kriminalfall: Der endliche Rechtstag in München vor 1616
- Das Geleitverfahren
KAPITEL V: ZWISCHEN GALGEN UND GELD
Die Kriminalstrafen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert
- Die öffentlichen Schauplätze des Schreckens: Köpfstätte und Galgen
a. Die Köpfstätte: Die Hinrichtung mit dem Schwert
b. Der Galgen: Die Hinrichtung durch Hängen
c. Der Unterhalt des Hochgerichts (Galgens)
d. Hinrichtung durch Verbrennen
e. Hinrichtung durch Rädern und Vierteilen
Beispiel: Urgicht
f. Lebendigbegraben und Ertränken
g. Die Öffentlichkeit der Hinrichtung
Eine Kriminalstatistik: Hinrichtungen im Rentamt München 1610-1650 220
- Leibesstrafen
a. Verstümmelungsstrafen
b. Prügelstrafen - Züchtigung
- Pranger-und Schandstrafen der Hoch-und Niedergerichtsbarkeit
a. Die Prangerstrafe
b. Steintragen - Lasterstein (Schandstein)
c. Der Brechen (Prechen, Halseisen) - das „Ausstellen" vor der Kirche
d. Die Schandsäule
e. Der (die) Schrägen (Schrägen)
f. Der Schneller (Bäckerwippe)
g. Die Springer-, Schellen- und Eisenstrafe
h. Die Geigenstrafe
i. Sonstige Niedergerichtsstrafen
- Die Ausweisung
a. Das Verfahren 2
b. Die Urfehde
c. Die Erteilung der Landshuld
d. Die Abschaffung der Landesverweisung im Kurfürstentum Bayern für „Landeskinder" 1641
- Kriegsdienst, Galeeren, Zwangsarbeit
a. Kriegsdienst als Strafe
b. Die Galeerenstrafe
c. Festungsbau/Zwangsarbeit
- Die Freiheitsstrafen
a. Die Gefängnisstrafe
b. Die Malefizgefängnisse (Fronvesten)
c. Die langfristigen und „ewigen" Gefängnisstrafen
d. Die kurzfristigen Gefängnisstrafen
e. Die Entstehung der Zuchthäuser
- Vermögensstrafen
a. Geldstrafen
b. Konfiskation
KAPITEL VI: BIEDERMEIER UND REVOLUTIONEN
Strafrechtspflege in Bayern im 19. und 20. Jahrhundert
- Strafrechtsreformen unter König Max I. Joseph
- Das Bayerische Strafgesetzbuch von 1813
Der Kriminalfall: Feuerbach, König Ludwig I. und der Fall Kaspar Hauser
- Bemühungen um eine Strafrechtsreform: politische Prozesse unter Ludwig I.
Der Kriminalfall: Der Prozeß gegen den Würzburger Bürgermeister Professor Wilhelm Joseph Behr
- Die Wende von 1848: Strafrechtsreformen, Einführung von Schwurgerichten und Staatsanwaltschaften, Abschaffung der Patrimonialgerichte
Der Kriminalfall: Der Prozeß gegen Dr. Heinkeimann in Memmingen 1850
- Vollzug und Todesstrafe und öffentliche Hinrichtung
Der Kriminalfall: Darstellung des Verbrechens des in München am 11. Mai 1854 hingerichteten Christian Hussendörfer
- Bayern im Reich: Bayerische Strafverfahren unter Reichsstrafrecht nach 1871
Der Kriminalfall: Das Ende des Haberfeldtreibens 1896/97
Der Kriminalfall: Die Verurteilung von Mathias Kneißl
- Ausklang: Bayern nach dem 1. Weltkrieg. Die Revolution von 1918/19 und Hitlers Aufstieg im Spiegel politischer Prozesse
Der Kriminalfall: Der Mord an Kurt Eisner und der Prozeß gegen Anton GrafArco-Valley
Der Kriminalfall: Der Hitlerputsch 1923 und seine strafrechtliche Aufarbeitung
KAPITEL VII: ZUSAMMENFASSUNG
Vom „humanen" Mittelalter über den „Strafstaat" des 16. und 17. Jahrhunderts zum modernen
schlechten Gewissen
ANHANG
Glossar zur bayerischen Strafrechtsgeschichte
Anmerkungen
Literatur
Abkürzungen
Verzeichnis der Abbildungen
Register
Bildnachweis