Autor | Holz Henriette |
Verlag | Museums-Pädagogisches Zentrum |
Seiten | 48 |
Suchbegriff | Odeonsplatz, Königsplatz |
Buchart | Broschüre |
ISBN | 3934554253 |
Erschienen | 2010 |
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Vorwort
Wenige Plätze in München sind so stark geprägt vom Spannungsfeld zwischen den historischen Zeitschichten, für die sie als Erinnerungsorte in Anspruch genommen wurden, wie der Odeonsplatz und der Königsplatz.
Mit dem Odeonsplatz, dessen Feldherrnhalle von der florentinischen Renaissance inspiriert war und dem Ruhm des bayerischen Militärs dienen sollte, versuchte Ludwig I., München den Rang einer der sehenswertesten Hauptstädte Europas zu verleihen.
Aus dem eher marginalen Ereignis des „Marsches auf die Feldherrnhalle" im Jahre 1923, das die NS-Bewegung zum Mythos hochstilisierte und für einen braunen Märtyrerkult nutzte, hat der Platz aber eine neue, durchaus fragwürdige Bedeutung erhalten. Heute allerdings ist er wieder ein lebendiger urbaner Raum, der kaum mehr an die martialischen Jahre der NS-Zeit und an die Zerstörungen der Kriegsjahre erinnert.
Noch massiver war die Umdeutung des Königsplatzes durch die Nationalsozialisten, noch präsenter sind dort die beiden Zeitschichten durch die Erhaltung der beiden dominanten NS-Bauten, dem „Führerbau" und dem NS-Verwaltungsbau.
Mit Glyptothek, Ausstellungsbau (heutige Antikensammlungen) und Propyläen ist der Platz im 19. Jahrhundert entstanden, als sprechendes Zeugnis für die Griechenlandbegeisterung König Ludwigs I. und die Regentschaft seines Sohnes Otto in Griechenland, deren kulturelle Auswirkungen für München wie für Athen nicht gering geschätzt werden sollten. Jedenfalls füllt kein Platz den schönen Titel „Isar-Athen" für München anschaulicher aus, und kein Platz Münchens versammelt eine solche Fülle an antiker Architektur, Skulptur und Ikonografie.
Die Nationalsozialisten machten aus diesem Erinnerungsort des Philhellenismus einen Platz für Aufmärsche, die Zelebrierung des NS-Kultes und die Verwaltung ihrer diktatorischen Herrschaft. Mit dem „Braunen Haus", an dessen Standort in Kürze das NS-Doku-mentationszentrum an diesen Teil der Geschichte Münchens erinnern wird, und dem „Führerbau" befanden sich dort auch das ideologische und das machtpolitische Zentrum der „Hauptstadt der Bewegung", wie München seit 1935 offiziell genannt wurde.
Die komplizierten Zusammenhänge von Entstehung, ideologischer Umdeutung und missbräuchlicher Nutzung, aber auch von Zerstörung, Rekonstruktion und späterem historisierendem Rückbau beschreibt das Heft detailliert. Zugleich soll es als Wegbegleiter auf einem Rundgang dienen, der diese Zusammenhänge anschaulich werden lässt.
Für das Museums-Pädagogische Zentrum sind derartige Führungen im Stadtraum Teil eines Konzepts, das Realien in Museen, Archiven und Bibliotheken in enger didaktischer Wechselbeziehung mit den historischen Stätten sieht. Eine Reihe von Führungsangeboten etwa im Münchner Stadtmuseum oder im Bayerischen Nationalmuseum korrespondieren mit diesem Rundgang und erlauben vertiefende und erweiternde Betrachtungen zum 19. und 20. Jahrhundert.
So führt das Heft in den Stadtraum, zugleich aber auch in die einschlägigen Museen und hilft hoffentlich vielen Erziehern, Lehrern und Eltern, die komplexe Botschaft der beiden Plätze angemessen an Kinder und Jugendliche weiterzugeben.
Prof. Dr. Manfred Treml Direktor des MPZ