Autor | Daxelmüller Christoph |
Verlag | Haus der bayerischen Geschichte |
Reihe | Hefte zur Bayerischen Geschichte |
Seiten | 71 |
Suchbegriff | Juden, Friedhöfe, Jüdischer Friedhof |
Buchart | Broschüre |
ISBN | 9783937974229 |
Erschienen | 2009 |
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Vorwort
Die Geschichte des Judentums in Deutschland ist - nach dem Holocaust - immer eine Spurensuche. Im Hinblick auf die Geschichte der jüdischen Friedhöfe handelt es sich um eine Suche im doppelten Sinn. Denn zum einen sind diese Friedhöfe seit jeher gefährdete Orte einer Minderheit, die zuzeiten kaum in der Lage war, Ausgrenzung und Verfolgung zu überdauern. Und zum anderen sind die Spuren derer, die der Katastrophe des 20. Jahrhunderts zum Opfer gefallen sind, fast gänzlich ausgelöscht. Allenfalls Mahnmale, Gedenkstätten, „Stolpersteine" bewahren die Erinnerung an diese Toten.
Dieses Heft begibt sich auf die Spuren der Geschichte, aber auch von Geschichten, die von Lebenden und Toten berichten, vom Sterben der Juden, von der Trauer, aber auch von der Hoffnung auf einen Ort, der Heimat bedeutet. Auf dem Friedhofkönnen wir in den Biografien der Verstorbenen blättern wie in den Büchern einer riesigen Bibliothek. Die mittelalterlichen Friedhöfe sind heute vom Erdboden verschwunden, viele Grabsteine zerstört oder zweckentfremdet, in die Erde eingewachsen, ihre Inschriften verwittert oder herausgebrochen. Dennoch reiht sich auf dem Friedhof nicht nur Grab an Grab, sondern auch Leben an Leben.
Im Gebiet des modernen Franken befinden sich mehr als zwei Drittel aller jüdischen Friedhöfe Bayerns. 48 Friedhöfen im Regierungsbezirk Unterfranken, die vom 16. bis weit ins 20. Jahrhundert hinein belegt wurden, steht im Regierungsbezirk Niederbayern gerade einmal ein einziger jüdischer Friedhof gegenüber. Wie ist diese einzigartige Situation zu erklären? Diese und andere Fragen sind an die Geschichte der jüdischen Friedhöfe in Bayern zu stellen. Wo etwa bestatteten die Juden im Mittelalter ihre Verstorbenen, wie kamen sie in den Besitz der Grundstücke und warum liegen die Friedhöfe meist weit außerhalb der Ortschaften? Wie legten die Trauerzüge den langen Weg zurück und warum befindet sich am Friedhof in Steinach ein Wendeplatz?
Jüdische Friedhöfe sind verletzlich. Aber nicht deswegen liegen sie häufig weit außerhalb der Siedlungen. Jüdische Friedhöfe suchen Schutz vor Intoleranz. Jüdische Friedhöfe verunsichern. Sie sagen viel über das Leben einer Minderheit aus, über ihre Wünsche und über ihre Position in einer Gesellschaft, in der es galt, sich zu behaupten. Die sorgsam erarbeitete Dokumentation stellt nichts weniger dar als den Versuch, alle jüdischen Friedhöfe in Bayern zu erfassen. Parallel zu diesem Heft erscheint als Bd. 35/2008 in den „Bayerischen Blättern für Volkskunde" ein Exkursionsführer, der alle jüdischen Friedhöfe in Bayern jeweils in einem Kurzporträt im Hinblick auf Lage, Geschichte und Besonderheiten charakterisiert - ein Angebot, in der näheren und weiteren Umgebung nach den Spuren jüdischen Lebens und Sterbens zu forschen und damit auch ein Stück der eigenen Geschichte wiederzuentdecken.
Den Gewohnheiten heutiger Besucher Rechnung tragend, bietet das Haus der Bayerischen Geschichte das Verzeichnis der jüdischen Friedhöfe in Bayern auch im Internet an: www.juedische-friedhoefe.hdbg.de. Mithilfe der Kartenfunktionen kann man sich hier individuelle Besuchstouren zusammenstellen -eine insbesondere auch für Schulen interessante Variante. Hier war einmal mehr zu entscheiden, ob die Orte der jüdischen Geschichte für alle leicht zugänglich - damit aber auch verletzlich - oder aber eher im Verborgenen bleiben sollen. Wir haben uns für einen Mittelweg entschieden: Die bequeme Google-Map-Funktion führt zwar in den Ort des Friedhofs, nicht jedoch zur genauen Lage. Diese sowie Besuchsmöglichkeiten zu eruieren bleibt der Eigeninitiative überlassen.
Christoph Daxelmüller Evamaria Brockhoff