Autor | Scheffler Gisela |
Verlag | Staatl. Graph. Sammlung |
Seiten | 112 |
ISBN | B0026RWAPI |
Erschienen | 1979 |
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Nachdem in diesem Jahr bereits die Städtische Galerie die »Münchner Landschaftsmalerei 1800-1850« und die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen »Die Münchner Schule 1850-1914« weit ausgreifend vor Augen geführt haben, scheint sich nun auch die Staatliche Graphische Sammlung mit einer Sonderschau gezielt der Münchner Kunst des 19. Jahrhunderts anzunehmen-wie der Titel »VonDillis bis Pilo-ty« vermuten läßt. Doch beabsichtigt unsere an Umfang vergleichsweise bescheidene Ausstellung weder ein Kapitel Münchner Kunstgeschichte noch sonst einen Themenbereich des 19. Jahrhunderts systematisch aufzuarbeiten. Vielmehr will sie schlicht einen Überblick über den reichen Bestand unserer Sammlung an Zeugnissen deutscher und österreichischer Zeichenkunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts — mit ihren Anfängen im ausgehenden 18. Jahrhundert — geben. Daß dabei möglichst viele inhaltliche und formaleAspekte derGraphik dieserZeit berücksichtigtwerden, versteht sich von selbst. Ausgangspunkt für diese Ausstellung und ihren Katalog bildete die Einsicht, es dürfte in absehbarer Zeit nicht gelingen, Wolfgang Wegncrs 1973 erschienenem Katalog der niederländischen Handzeichnungen des 15.—18. Jahrhunderts einen weiteren wissenschaftlichen Bestandskatalog unserer Sammlung folgen zu lassen. Zu umfangreich sind die noch zu bearbeitenden Abteilungen, als daß diese Aufgabe unter Wahrung heute üblicher wissenschaftlicher Maßstäbe von den zuständigen Referenten nebenher zu ihren sonstigen zeitraubenden Verpflichtungen in wenigen Jahren bewältigt werden könnte. Um hier wenigstens einen kleinen Ersatz zu schaffen, der auch dem Interesse eines breiteren Publikums entgegenkommt, entstand der Plan, in einer Reihe von Auswahlkatalogen, die im Zusammenhang mit Ausstellungen erscheinen sollen, jeweils einen Querschnitt durch eine unserer Zeichnungsabteilungen zu geben und die ausgewählten Blätter vollzählig sowie möglichst großformatig abzubilden. Mit den deutschen Zeichnungen des 19. Jahrhunderts als dem umfangreichsten Zeichnungsbestand unserer Sammlung zu beginnen und aus der Fülle des Vorhandenen zunächst Arbeiten der ersten Jahrhunderthälfte auszuwählen, lag um so näher, als der 1958 veröffentlichte, inzwischen längst vergriffene Band »Hundert Meisterzeichnungen aus der Staatlichen Graphischen Sammlung München« nur Werke aus dem Zeitraum von etwa 1400 bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts enthält.
Im Gegensatz zu dieser anläßlich des zweihundertjährigen Bestehens unserer Sammlung erschienenen Publikation hat die jetzt begonnene Serie, wie gesagt, die Funktion von Ausstellungskatalogen mitzuer-füllen, was eine nicht unerhebliche Modifizierung der Auswahlkriterien zur Folge hat. Unabhängig von einem Ausstellungskonzcpt könnte sich die Auswahl viel stärker nach dem künstlerischen Rang des einzelnen Blattes richten. So aber muß sie die notwendige Ensemblebildung an der Wand im Auge behalten, wobei die Gliederungsmöglichkeiten unserer gegenwärtigen Ausstellungsräume uns manche Zwänge auferlegen.
Und noch in einer anderen Hinsicht wurde hier ein Kompromiß eingegangen. Bedingt durch die Geschichte der Staatlichen Graphischen Sammlung dominieren in unserem Bestand an deutschen Zeichnungen - besonders der ersten Hälfte - des 19. Jahrhunderts Werke von solchen Künstlern, die in München gearbeitet bzw. Ludwig I. interessiert haben. Wären die daraus resultierenden Stärken unseres Kabinetts jetzt entsprechend hervorgehoben worden, hätte sich eine auf Georg von Dillis, Wilhelm von Kobell, Carl Rottmann, Johann Moritz Rugendas und wenige andere Meister reduzierte Namenslistc ergeben. Statt dessen lag es in unserer Absicht, auch diejenigen Künstler in die Auswahl einzubeziehen,
die eine erhebliche Rolle in der Geschichte der deutschen Zeichenkunst des 19. Jahrhunderts gespielt haben, aber nicht gleichwertig in unserer Sammlung vertreten sind.
Schmerzlich tritt dabei in unser Bewußtsein, daß die seit Anfang unseres Jahrhunderts einsetzenden und nach dem letzten Kriege besonders durch Peter Halm vorangetriebenen Bemühungen, die Sammeltätigkeit auszuweiten auf die großen außerbayerischen Zeichner Deutschlands und Österreichs des 19. Jahrhunderts, oft noch zu keinem oder nur zu einem unbefriedigendem Erfolg geführt haben. So besitzt unsere Sammlung auch heute noch keine einzige Zeichnung von Philipp Otto Runge und fehlt ihr noch immer ein wirkliches Hauptwerk von Caspar David Friedrich, um nur die bedauerlichsten Fälle zu nennen.
Wie sehr sich indes die Staatliche Graphische Sammlung in ihrer Ankaufspolitik den Vorbildern Otto Weigmanns und Peter Halms kontinuierlich bis in die Gegenwart verpflichtet fühlt, läßt sich in dieser vorliegenden Auswahl leicht anhand der das Zugangsjahr enthaltenden Inventarnummern feststellen. Beispielsweise wurde Wilhelm Schadows »Rückcnakt« (Kat.Nr. 98) im Jahre 1969, Franz Krügers »Bildnis des Prinzen Albrccht von Preußen« (Kat.Nr. 56) im Jahre 1975 und Adolph von Menzels Medaillenentwurf »Allegorie auf das Wachstum« (Kat.Nr. 58) erst vor einigen Monaten erworben. Um das Zustandekommen von Ausstellung und Katalog haben sich in erster Linie Gisela Scheffler und Barbara Hardtwig verdient gemacht. Sie trafen im wesentlichen die Auswahl und führten mit unermüdlichem Engagement die oft mühsame wissenschaftliche Bearbeitung der Blätter durch. Als Ergebnis können sie nun einen Katalog vorlegen, der sowohl die bisherige Forschung resümiert, als auch wichtige neue Erkenntnisse vorzuweisen vermag. Beiden Autorinnen sei herzlich gedankt. Außerdem gilt mein herzlicher Dank der Vereinigung der Freunde der Staatlichen Graphischen Sammlung München e. V. Nachdem sie bereits zu Beginn des Jahres der Graphischen Sammlung Wilhelm von Kobells großformatige Studie einer gefällten Eiche (Kat.Nr. 44) geschenkt hatte, machte sie sich anschließend auch unseren Wunsch nach Herausgabe des vorliegenden, so aufwendig ausgestatteten Kata-loges zu eigen und trug mit großer Opferbereitschaft alle anfallenden Kosten.
Vom Erfolg dieser Ausstellung und ihres Katalogcs wird es wesentlich abhängen, wie bald ein ebenso gestalteter zweiter Auswahlkatalog unserer Zeichnungsbestände nachfolgen kann.
Dieter Kuhrmann