Autor | Ongyerth Gerhard |
Verlag | Karl M. Lipp Verlag - Edition Lipp |
Reihe | Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege |
Seiten | 211 |
Suchbegriff | Würmtal |
ISBN | 3874906396 |
Erschienen | 1995 |
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Arbeitsheft 74 - Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Vorwort
Der Modellversuch „Landschaftsmuseum" läßt sich als eine Art Gegenmodell zur ungebrochen anschwellenden Zahl von Heimatstuben, Ortsmuseen und Ausstellungen betrachten. Es geht dabei um die aktive Vermittlung eines Gefühls der Verantwortung für an Ort und Stelle erhalten gebliebene Zeugnisse der Natur- und Kulturgeschichte, für Naturdenkmäler, Boden- und Baudenkmäler, nicht um die Musealisierung einer vielleicht „nutzlos" gewordenen Landschaft und ihrer Bestandteile. Unter „Museum" wird kein mit Ausstellungsgut, mit „Exponaten" gefülltes Gebäude verstanden, sondern die Anwendung bestimmter Formen der museumsbezogenen Geschichtsvermittlung auf Objekte des Alltags und der Gegenwart, und zwar ohne die Institution Museum. Ein Leitbild könnte hier der inzwischen auch in Bayern höchst erfolgreich durchgeführte europäische Tag des offenen Denkmals sein, übertragen auf die ja Tag für Tag mögliche Begegnung mit einer unter vielen Aspekten „offenen" Denkmallandschaft.
Hauptanliegen des Modells „Landschaftsmuseum" ist die Förderung einer besonderen Art von kommunal getragener Kulturarbeit - die systematische Darstellung und von Fall zu Fall durchaus auch spielerische Vermittlung der Geschichte einer Kulturlandschaft. Gesichtszeugnisse einer Kulturlandschaft sind im wesentlichen Einzeldenkmäler und bauliche Anlagen im Sinn des Denkmalschutzgesetzes sowie historische Kulturlandschaftselemente und Landschaftsteile von besonderer charakteristischer Eigenart nahe schützenswerter Kultur-, Bau- oder Bodendenkmäler im Sinn der Naturschutzgesetzgebung: also eiszeitlich geformte Teile der Erdoberfläche, Biotope, historische Wegeführungen, Hügelgräber, Burgställe, Schlösser, Mühlen oder Turbinenhäuser, Kapellen und Kirchen, Bauernhäuser, Industriebetriebe, Villenkolonien, historisch geprägte Siedlungskerne, Ortsgrundrisse und anderes mehr.
Der Modellversuch „Landschaftsmuseum" regt auf einer übergreifenden theoretischen Ebene auch zur Schärfung der traditionellen denkmalpflegerischen Sichtweise im Rahmen der üblichen Denkmälerinventarisation an, bei der Erfassung und Vermittlung der geschichtlichen Bedeutung von Einzeldenkmälern und Ensembles. Er thematisiert die historische Entwicklung der Denkmalorte und die Bedeutung der Denkmäler für die umgebende Kulturlandschaft. Diese Sichtweise führt nicht zu neuen Denkmalkategorien, sondern zu einem vertieften Wissen über die Denkmäler. Diese Sichtweise setzt allerdings eine interdisziplinäre Aufgeschlossenheit der Denkmalpflege voraus und nähert sich dem geographischen Konzept der „historischen Kulturlandschaft".
Eine Zusammenarbeit der Denkmalpflege mit der Angewandten Historischen Geographie im Methodischen ist nicht neu. Siedlungsformenkarten, Baualterspläne zur Stadtsanierung, auch die Reihe „Denkmäler in Bayern" (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland) und vor allem das für Bayern entwickelte Instrument denkmalpflegerischer Erhebungsbogen zur Dorferneuerung sowie weitere Verfahren zur historischen Ortsbildanalyse reflektieren die Ortsbindung des Denkmals, seine Lage und Sichtbarkeit im Raum, die andauernde Zeugniskraft des „historischen Erbes", den in bildhaften Sequenzen erlebbaren Denkmalverbund im kulturlandschaftlichen Netz und das Bedeutungsrelief der Denkmäler in ihrer räumlichen Verteilung.
In der Entwicklung seines Konzepts und der exemplarisch durchgeführten Erfassung der Kulturlandschaft oberes Würmtal für den Modellversuch „Landschaftsmuseum" ist der Verfasser noch einen Schritt weiter gegangen. Der als Denkmalpfleger arbeitende Geograph nimmt bewußt eine interdisziplinäre Sichtweise ein, um die ganze Bandbreite methodischer Möglichkeiten zur Erfassung der Geschichtszeugnisse einer Kulturlandschaft darzustellen. So eröffnet die Anwendung vielfältiger, in der üblichen Denkmalinventarisation bisher wenig beachteter Methoden, verbunden mit der systematischen Zusammen-führung und Auswertung erfolgversprechender Arbeitsmittel verschiedener Fachdisziplinen, neue Wege zum Verständnis der Geschichtszeugnisse in der Kulturlandschaft und zur Vermittlung ihrer schutzwürdigen Bedeutung.
York Langenstein
Michael Petzet