Autor | Böning-Weis Susanne |
Verlag | Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege |
Reihe | Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege |
Seiten | 127 |
Ort | München |
Regierungsbezirk | Oberbayern |
Suchbegriff | König Max I. Joseph |
Buchart | Broschüre |
ISBN | 3874905403 |
Erschienen | 1996 |
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Arbeitsheft Nr. 86 des bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege
OMNIA MONUMENTA DICUNTUR ... , daß alles Denkmal ist, was an etwas erinnert, sagt schon der in der Uberschrift zitierte spätantike Cicero-Kommentar.* Die Fragmente des großen Gipsmodells, die Erich Lindenberg im Haupttreppenhaus der Alten Münze in München installiert hat, erinnern uns zunächst einmal an das „Original": Das von dem Berliner Bildhauer Christian Daniel Rauch geschaffene Denkmal fiir König Max I. Joseph, ein unter Verwendung dieser Gipsfragmente von Johann Baptist Stiglmaier in Bronze gegossenes Monument, steht nur wenige Schritte entfernt inmitten des Max-Joseph-Platzes.
Michael Petzet
OMNIA MONUMENTA DICUNTUR, QUAE FACIUNT ALICUIUS REI RECORDATIONEM
Erich Lindenbergs Installation von Fragmenten eines Modells zum Denkmal fiir König Max I. Joseph
Der erste Bayerische König, unter dem sich zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts das neue, größere Bayern in seinen bis heute weitgehend bewahrten Grenzen zusammenfand, war nach den gewaltsamen staatlichen Eingriffen im Rahmen von Säkularisation und Mediatisierung, nach den Kriegen aufseiten Napoleons und gegen Napoleon sowie nach Montgelas' durchgreifender Verwaltungsreform in der neuen konstitutionellen Monarchie die entscheidende Integrationsfigur für alle Bürger seiner erst allmählich zusammenwachsenden Landesteile. Wenn er nun hier nicht wie Kurfürst Maximilian I. auf dem von Thorvaldsen geschaffenen Standbild am Wittelsbacherplatz zu Pferd in neue Schlachten zieht, sondern vor dem Hintergrund des in seiner Regierungszeit errichteten Nationaltheaters vergleichsweise behaglich auf dem Thron sitzt, so kommt darin manches von der Wesensart dieses Königs zum Ausdruck, der politische Klugheit und den Geist der Aufklärung mit volkstümlicher Altväterlichkeit auf glückliche Weise verband. Der König erscheint so auf dem Max-Joseph-Platz als ein wahrer PATER PATRIAE, Vater des Vaterlandes, dessen erhobene rechte Hand sein mit der Verfassung von 1818 beschenktes Volk segnet. Das Monument sollte ja, wie es 1824 heißt, „den Typus der Regierung unseres aller-gnädigsten Königs darstellen, den die Geschichte seiner Zeit ganz zuverlässig in der väterlichen Liebe erkennen wird".
Während sich die überlebensgroße Figur des PATER PATRIAE aus den im Treppenhaus der Alten Münze auf einem Stahlgerüst installierten Gipsfragmenten mit der erhobenen Rechten und dem — stark beschädigten — Haupt noch weitgehend zusammenfügen läßt, scheinen von den einzelnen Partien der Sockelzone des Modells nur einige wenige Fragmente erhalten geblieben zu sein. Diese auf dem Max-Joseph-Platz über Granitstufen aufgebaute Sockelzone war Ergebnis eines längeren Planungsprozesses, an dem Ludwig I. schon als Kronprinz während seiner Italienreise mit dem Architekten Leo von Klen-ze 1823/24 lebhaften Anteil genommen hatte. Bei den ersten Entwürfen arbeitete Klenze hier noch mit dem Bildhauer Martin von Wagner zusammen. Nach dem Tod seines Vaters hat der König dann 1825 den berühmten Berliner Bildhauer Christian Daniel Rauch beauftragt, den er damals ebenso wie Bertel Thorvaldsen, einen anderen führenden Vertreter des Klassizismus, an München binden wollte. Und Rauch hat bei seiner Arbeit am Modell des Monuments für den Entwurf des Sockels neben Klenze schließlich auch noch den Berliner Architekten Friedrich Schinkel herangezogen. In der endgültigen Fassung hat die von vier Löwen, dem bayerischen Wappentier, getragene obere Partie des Sockels die Form eines antiken Sarkophags mit Reliefs, welche die Pflichten des Regenten und seine Taten darstellen sollen: auf der Rückseite die „Verfassungsübergabe", ein Relief mit dem thronenden Max I. Joseph, auf der Vorderseite das Thema „Förderung der Wissenschaften", auf den Längsseiten „Förderung von Justiz und Ackerbau" bzw. „Förderung der Religion und der Künste". Neben einem Fragment, das auf die Förderung der Landwirtschaft hinweist, kann man in der Alten Münze nun noch zwei besonders reizvolle unversehrt erhaltene Rehefteile mit einem Selbstportrait des Künstlers studieren: die „Förderung der Religion" in Gestalt eines Engels mit einem katholischen und einem evangelischen Geistlichen, die seit dem Religionsedikt von 1809 gleichberechtigt nebeneinander stehen dürfen, sowie die „Förderung der Künste" mit dem an seiner Staffelei tätigen Peter Cornelius, dem Direktor der Münchner Kunstakademie, zwischen dem bei der Arbeit knienden Rauch und dem mit einem Entwurf beschäftigten Klenze als Verkörperungen von Malerei, Bildhauerei und Architektur.