Autor | Rolf Flügel |
Verlag | Bruckmann Verlag |
Seiten | 398 |
Suchbegriff | München, 800 Jahrfeier, Geschichte |
Erschienen | 1958 (München) |
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Hier präserrtieren wir Ihnen das Festbuch der Stadt. Es war die Absicht, dem amtlichen Auftrag nach Möglichkeit den amtlichen Beigeschmack zu nehmen und ihm dafür etwas hinzuzxzfügen, das der besonderen unkonventionellen Situation Müchens gerecht wird.
Ob es gelungen ist, mögen Sie entscheiden. Es karn darauf an, die Stadt als ein polares Wesen zu zeigen, das seine Gegensätzlichkeit gern auf die Spitze treibtt und mitunter zum Reiz erhebt; also etwa den Klassizismus seiner Tempel und das barocke Blühen in den Kirchen, die mannigfachen, mitunter einzigartigen Prägungen höfischen, Lebens und die rohgezimmerten Wirtshaustische, den freien Anhauch der Künste und Wissenschaften und die Akzentuierung des Münchnerischen, dieses Leben und Lebenlassen, das immer den guten Zeiten verbunden war. Dainit ist die Skala der Farben noch nicht erschöpft. Wer könnte übersehen, daß der Münchner durch Lebensart, Festgestaltung und Festordnung auf eine besondere Weise, und wie kaum ein anderer Großstädter mehr, den Jahrzehnten verbunden ist, daß er die Natur noch ixrits}iielen läßt und daß ein Teil des Charrnes seiner Stadt darin seine Erklärung findet. Es ist das Ländliche, der Duft von Heurnahd und Tainienwald, die frische Bergluft und der Föhn, es sind die Steige im Gebirge, die direkt in den spiegelnden Asphalt der Straßen um den Stachus nründen, wo ein gewaltiger Verkehrszirkus mehrmals täglich seine Vorstellungen gibt.
Von all dein sollte in dem Festbuch der Stadt etwas zu lesen sein, und natürlich machte auch das Esperanto der Bildersprache seine Platzansprüche geltend. Bilder und Text galt es zu mischen, Lichter aufzusetzen, aber auch die Schatten nicht ganz zu übersehen, um dem 800 jährigen Geburtstagskind seine Reverenz zu erweisen, ohne in die Unarten eines simplen Lobredners zu verfallen. Schließlich ist das Buch kein ~'Nachruf und keine Totenehrung. Die Jubilarin, in die Reihe der Millionenstädte eingerückt, erfreut sich vielmehr bester Gesundheit, und ihre Anziehungskraft ist trotz einiger Wachstunisbeschwerden ungebrochen. Von der Magie der 'Stadt, von dem Urgrund, der ihr Wesen und ihre Züge formte, ist einiges in dem Buch zu lesen.
Blättern Sie es durch, und es erscheint Ihnen ein Kaleidoskop, farbig, vielschichtig und ständig neu gegliedert, forrnenreich und immer wieder von glänzenden Höhepunkten in den acht Jahrhunderten seiner Geschichte unterbrochen. Viele Gewänder trug die Stadt an der Isar, und viele Zeugnisse berühmter Männer, die sich hier aufhielten und ihre geistige Heimat fanden, sind ebenso Lob wie Verpflichtung. Wenn zum Schluß Thomas Mann zitiert sei, der 1932 als Wahlmünchner vön der Stadt der Menschlichkeit, der offenen Herzen und der künstlerischen Freiheit schreiben konnte, so geschieht es einmal aus der Erkenntnis einer ständigen Bedrohung und dann aus dem unverändert Zeitgemäßen dieser hohen Forderungen. Es gibt keinen besseren Spruch, uni damit die Tore zu schmücken, die sich irn Jahre 1958 vor dem Strom der Gratulanten öffnen.
DR. ROLF FLüGEL