Stadt. Land. Wo? Was die Jugend treibt -
 

Publikationen

Stadt. Land. Wo? Was die Jugend treibt

Ergebnisse und Impulse aus der KLJB-Studie

Herausgeber Landesstelle der katholischen Landjugendbewegung Bayerns e.V.
Seiten 224
Gattung Zeitgenössisches Sachbuch
Themenbereich Gesellschaft
Epoche Ab 1945
Suchbegriff Jugend
ISBN | EAN Z000000019 | 9783936459647
ErschienenApril 2020

10,00 € Bestellmöglichkeit

Ergebnisse und Impulse der Untersuchung zu
Bleibe- und Wanderungsmotiven junger Menschen in ländlichen Räumen

Der mediale Blick auf ländliche Räume ist häufig defizitär – von „Landflucht“ und „Entleerung“ ist oft die Rede. Eine hochmobile junge Generation wandert vom Land in die Stadt und bleibt häufig dort. Das hat negative Folgen für ihre Herkunftsgemeinden und die Lebensqualität der jungen Menschen, die sich entscheiden, dort zu bleiben. Vor diesem Hintergrund untersuchte die KLJB-Studie die Beweggründe junger Menschen, aus ländlichen Regionen in Bayern wegzugehen, aber auch in starkem Maße dort zu bleiben oder zurückzukommen. Sie kommt zu dem Ergebnis: Viele junge Menschen leben sehr gerne auf dem Land, drücken aber auch klar aus, woran es mangelt. Das Buch stellt die zentralen Ergebnisse des Forschungsprojekts vor. Ergänzt durch interdisziplinäre Gastbeiträge aus Wissenschaft und Praxis werden Impulse für die Kommunalpolitik und Jugendarbeit auf dem Land gegeben, die auf die in den Ergebnissen stark betonten „weichen Haltefaktoren“ im sozialen und kulturellen Bereich reagieren.

Rezension

Stadt. Land. Wo? Was die Jugend treibt

Die ländlichen Räume in Bayern sind mit großen Herausforderungen konfrontiert, allen voran mit dem demografischen Wandel, der absehbar zu tiefgreifenden regionalen Ungleichheiten führen wird. Dabei erscheint die grundlegende Verschiedenartigkeit von Stadt und Land nicht nur als allgegenwärtiges Narrativ, sondern auch als unmittelbare Erfahrung von jungen Menschen.

Mit deren Bleibe- und Abwanderungsmotiven beschäftigt sich das von der Katholischen Landjugendbewegung Bayerns (KLJB) getragene Forschungsprojekt „Stadt. Land. Wo? Was die Jugend treibt.“ Hierzu wurden von Mitte 2017 bis Ende 2019 rund 600 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 27 Jahren befragt. Die vorliegende Publikation bündelt die Forschungsergebnisse sowie insgesamt acht Gastbeiträge, unter anderem von Manfred Miosga (Präsident Bayerische Akademie Ländlicher Raum, Universität Bayreuth), Frank Tillmann (Deutsches Jugendinstitut) und Heiko Tammena (Landesstelle der KLJB).

Die der Untersuchung zugrunde liegenden Fragen lauten: „Was bewegt junge Leute, auf dem Land zu bleiben? Was bewegt sie, wegzugehen oder wieder zurückzukehren?“ Die Studie zeigt, dass es vor allem die sogenannten weichen Faktoren sind, die über Gehen, Bleiben und Wiederkommen entscheiden. Ausschlaggebend hierfür seien vor allem die sozialen Bindungen an Familie und Freunde, das Eingebundensein in soziale und/oder kulturelle Gruppen oder Vereine, aber auch das Vorhandensein einer guten Infrastruktur und von Arbeitsplätzen.

Aus Sicht der Befragten weisen ländliche Räume aber gerade hier Defizite auf: Kritik wird besonders eindringlich geübt an schlechter Internetverbindung und mangelhaften Mobilfunknetzen, an der Unattraktivität des öffentlichen Nahverkehrs und am ungeeigneten Wohnungsangebot. Es sei, so eine Erkenntnis der Studie, in den letzten Jahrzehnten nicht gelungen, eine ausreichende Angleichung der Lebensbedingungen herzustellen (S. 71), obschon – so Manfred Miosga – der Staat als Gewährleister und Befähiger, die Region als Ausgestalterin von Vielfalt diesbezüglich in der Pflicht seien (S. 76).

Immerhin erweisen sich junge Menschen, wenn bestimmte Faktoren wie Naturnähe sowie familiäre und soziale Verbundenheit gegeben sind, durchaus als „strapazierfähig“ (S. 92) und nehmen das Pendeln zwischen Wohnort und Arbeitsplatz (S. 68) beziehungsweise eine geringere Entlohnung auf dem Land (S. 170) in Kauf. Ländliche Räume erscheinen daher keineswegs als abgehängt und defizitär, wie im medialen Diskurs vermittelt, sondern als lebens- und liebenswerte Heimat (S. 208).

Der große Zugewinn der Studie liegt an der umfassenden Zusammenschau von konkreten Handlungsvorschlägen jenseits von Breitband- und ÖPNV-Ausbau: Jugendliche auf dem Land klagen beispielsweise ebenso häufig wie in der Stadt über fehlende (auch unorganisierte) Räumlichkeiten, und dort, wo Hütten oder Bauwagen existierten, seien diese von den Erwachsenen nicht immer akzeptiert. Es sei daher notwendig, in beständigem Austausch mit jungen Menschen zu stehen, einen Dialog auf Augenhöhe (S. 127) zu führen und Bedürfnisse anzuerkennen. Denn letztlich sei es kommunale Pflichtaufgabe, Partizipationsformen für Jugendliche und junge Erwachsene zu erproben und zu etablieren; dazu müssen sie frühzeitig in Entscheidungsprozesse einbezogen werden (S. 211). Die politische und gesellschaftliche Unterstützung der Arbeit von (selbstorganisierten) Jugendverbänden, das Schaffen sogenannter Jugendparlamente (S. 130) und andere Projekte, die Beteiligung ermöglichen, können in Zukunft Bleibe- und Rückkehrentscheidungen zugunsten des ländlichen Raumes beeinflussen – und „ganz nebenbei“ eine demokratiefreundliche Kultur gestalten (S. 126).

Übrigens: Eine Fachtagung, die sich mit Ergebnissen und Impulsen der Studie befasst, wird vom 4. bis 5. Dezember 2020 in Niederalteich (Lkr. Deggendorf) stattfinden. Hinweise zur Anmeldung sind abrufbar unter www.kljb-bayern.de

 Daniela Sandner

Diese Buchbesprechung hat uns die „Zeitschrift „Schönere Heimat“ zur Verfügung gestellt.

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