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München, die „Hauptstadt der Bewegung", hatte im Zweiten Weltkrieg entscheidende Bedeutung für die Rüstungswirtschaft. Um den steigenden Bedarf an Arbeitskräften zu decken, wurden „Fremdarbeiter" zwangsverpflichtet und auch Kriegsgefangene herangezogen.
Soziale Entrechtung, Fremdbestimmung und schleichende Terrorisierung degradierten diese Männer und Frauen zu Werkzeugen eines unmenschlichen NS-Apparates, der ihre Arbeitskraft für den „Totalen Krieg" mißbrauchte.
Während des Zweiten Weltkriegs arbeiteten allein in München mehr als 100.000 ausländische Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft; sie bildeten eine feste Größe im ökonomischen Kalkül von Rüstungsverantwortlichen und Unternehmern und waren ein zentraler Faktor der nationalsozialistischen Kriegsführung.
Dennoch ist dieser Aspekt gerade für die regionale und lokale Ebene bislang nur unzureichend untersucht: Für München, das als eines der bedeutendsten Zentren der deutschen Rüstung während der Kriegsjahre anzusprechen ist, versucht diese Studie die Lücke zu schließen, ordnet das Phänomen Zwangsarbeit aber zugleich auch in den Gesamtkomplex der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft ein. Durch die Analyse der Alltagsrealität der zwangsverpflichteten Fremdarbeiter und durch die Beleuchtung von Einzelschicksalen, die aus Archivbeständen und Gerichtsakten recherchiert werden konnten, entsteht eine umfassende Studie, die detailliert Auskunft über ein Stück lokaler Zeitgeschichte zu geben vermag.
Andreas Heusler, i960 in Calw geboren, studierte in München und Tübingen Neuere Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Politikwissenschaften. Ab 1989 war er freier Mitarbeiter des Kulturreferats München und wirkte an mehreren Ausstellungsprojekten zur Stadtgeschichte mit; 1991 wurde ihm ein zweijähriges Forschungsstipendium der Landeshauptstadt zuerkannt, 1994promovierte er. Seitdem ist er im Stadtarchiv München verantwortlich für die Stadtchronik und den Forschungsbereich Judaica und hat bereits mehrere Beiträge und Schriften zur Münchner Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert veröffentlicht.
- Einleitung
- Teil l: München - Profil einer Stadt im Krieg
- Der Wirtschaftsstandort München
- Zur Charakteristik von Industrialisierung und Kriegswirtschaft in München
- Die Bayerischen Motoren Werke - Mittelpunkt der Münchner Rüstungsindustrie
- Der städtische Arbeitsmarkt und die Ausländerbeschäftigung m den dreißiger Jahren
- Regionale Kriegswirtschaftsverwaltung, Unternehmertum und Arbeitseinsatz
- Die »atomisierte« Verwaltung
- Arbeitsverwaltung
- Rüstungskommission
- Rüstungsinspektion und Rüstungskommando
- Gauleiter/Reichsverteidigungskommissar
- »Ordentliche« Justiz und Sondergericht
- Industrie- und Handelskammer/Gauwirtschaftskammer
- Landeswirtschaftsamt/Wirtschaftsamt
- Arbeitseinsatz-Ingenieur
- Unternehmerisches Selbstverständnis, unternehmerische Handlungsspielräume
- Zur Interessenidentität von Staat und Rüstungswirtschaft
- Klein- und Mittelbetriebe
- Großbetriebe
- Der Münchner Ausländereinsatz - Entwicklungsdynamik und Strukturanalyse
- Maßnahmen zur Bewältigung des Arbeitskräftemangels
- Auskämm-Aktionen und Betriebsstillegungen
- Folgen der Auskämmungen: Das Beispiel Löwenbräu
- Fraueneinsatz
- Anfänge, Verlauf und Charakteristik des Ausländereinsatzes in München
- 1939/40: »Arbeitsmarkt« und Arbeitseinsatz nach Kriegsbeginn - Polnische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter
- 1940/41: Expansion des Auslandereinsafz.es -Französische Kriegsgefangene und »Bestarbeiter«
- 1942: Der »Ostarbeiter«-Einsatz
- 1943/44: Italienische Zivilarbeiter und Militärinternierte (IMI)
- Endphase 1944/45: Zusammenbruch und Eskalation
- Kriegsgefangeneneinsatz
- Strukturmerkmale des Ausländereinsatzes im Großraum München
- Zum Sozialprofil der ausländischen Arbeitskräfte in München
- Arbeitskräftenotstand - Fallbeispiel: Die städtische Hausmüllabfuhr
- Teil 2: Arbeitswelt und Lagerleben - Zur Alltagswirklichkeit des Ausländereinsatzes in München
- Die Münchner Ausländerlager und -massenquartiere -Einrichtung, Verwaltung, Betrieb
- Das Lager als lebensräumliche Dominante der Kriegsgesellschaft
- Unterbringungsprobleme — Strukturelle Schwächen des Ausländeremsatzes
- Städtische Lager
- Die Neugestaltung der »Hauptstadt der Bewegung« -Die Stadt ah »Bedarfsträger«
- Fremdfinanzierung der Lager
- Verwaltung der Lager - Konflikt mit der DAF
- Privatwirtschaftliche Lager
- Bürokratische Hemmnisse - Barackenbau als Geduldspiel
- Fremdverwaltete Sammellager -Betriebsegoismus als Handlungsmotiv
- Sonderlager
- Durchgangslager Dachau-Rothschwaige
- Bordellbaracken
- Arbeitswelt und Alltagsleben der ausländischen Arbeitskräfte
- Arbeitsplatz
- Lagerleben
- Zwänge und Freiräume
- Verweigerung und Widerstand - Überwachung und Diszrphmerung: Das Gestaposystem
- Krankmeldungen
- Flucht und Fluchthilfe
- Protest, Verweigerung, Widerstand
- Observation und Provokation: Das Spitzelsystem
- Die Stapoleitstelle München
- Die Rolle der Justiz: Das Sondergericht München
- Die Versorgungssituation in der Stadt und die Lebenslage der ausländischen Arbeitskräfte
- Lokalspezifische Versorgungsbedingungen
- Bekleidung, Schuhe, Heizmaterial
- Grundnahrungs- und Genußmittel
- Mißbrauch und Subsistenzkriminalität
- Schwarzmarkt
- Medizinische Versorgung und ärztliche Betreuung
- Die Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung in München
- Fallbeispiele
- Schwangerschaft und Geburt - Entbindung in der Universitäts-Frauenklinik
- Verarbeitung extremer Lebenssituationen - Behandlung in der Universitäts-Nervenklinik
- Zusammenfassung
- Sozialkontakte im verborgenen: Verbotene Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen
- »Haltet Abstand!« - Die Vergeblichkeit eines Verbots
- Die Erscheinungsformen des »verbotenen Umgangs« und die Ermittlungspräferenzen von Polizei und Justiz
- Verbotene Liebesbeziehungen
- Bewachungsdefizite: Der Bewegungsspielraum der Kriegsgefangenen im Stadtgebiet
- Denunzianten und Zuträger: Aufdeckung des »verbotenen Umgangs«
- Strafzumessungspraxis
- Zusammenfassung
- Anhang
- Abkürzungsverzeichnis
- Verzeichnis der Tabellen
- Verzeichnis der Abbildungen
- Verzeichnis der benutzten Archive und Quellen
- Literatur
- Bildnachweis
- Sach- und Firmenregister